Der erste Präsident Turkmenistans nach der Unabhängigkeit, der große Turkmenbashi
(inzwischen verstorben), hatte sich vorgenommenen, aus einem ehemaligen sowjetischen
Provinzkaff eine strahlende Hauptstadt zu machen. So wurden seit 1991 innerhalb weniger
Jahre große Prunk- und Protzbauten errichtet, glänzende Paläste, goldene Moscheen,
Parkanlagen mit Tausenden von Brunnen und Wasserspielen. Das ganze erinnert an Las Vegas oder Disneyland und ist - wie das Original - mitten in die Wüste gebaut worden.
Turkmenbashi hat für die Bevölkerung ein Buch geschrieben - das sogenannte Rukhnama - in dem, neben der Geschichte Turkmenistan Verhaltensregeln für das Führen eines guten Lebens stehen. Dieses
Buch wurde zur Pflichtlektüre für alle Turkmenen, es wurde in den Schulen gelehrt und Inhalte wurden bei der Führerscheinprüfung oder der Examensprüfung im Studium abgefragt. Es wurde in 40
verschiedenen Sprachen veröffentlicht (auch mit Hilfe von SIEMENS, die darauf den Auftrag für die Einrichtung eines modernen Telekommunikationssystems erhielten) und mit einer russischen
Trägerrakete in den Orbit
geschossen, wo das Buch jetzt in einem Satelliten die Erde umkreist. Das Buch erhielt in
Ashgabat ein eigenes Denkmal. Inzwischen ist der Präsident seit 7 Jahren tot und das Buch
hat an Bedeutung verloren. In der Stadt findet sich jedoch noch Dutzende goldene
Turkmenbashi-Statueten. Auch eine eigene Stadt am Kaspischen Meer wurde nach ihm benannt.
Eindrucksvoll ist auch das auf drei Beinen stehende ca. 130 m hohe Neutralitätsdenkmal. Auf
seiner Spitze ist eine goldene Turkmenbashi-Figur angebracht, die sich mit der Sonne dreht
und so immer von ihr angestrahlt wird.
Eine beeindruckende goldene Moschee gibt es in Ashgabat, gerade mal 9 Jahre alt. Statt
Koran-Versen sind dort Zitate aus dem Buch von Turkmenbashi angebracht.
Rund um das Unabhängigkeitsdenkmals finden sich große Standbilder bedeutsamer historischer Persönlichkeit umgeben von Wasserspielen.
Es gibt auch ein riesiges Stadion in Ashgabat, das der Münchener Allianzarena in nichts
nachsteht, das Turkmenbashi-Olympiastadion. Dabei frage ich mich, wann waren eigentlich die
letzten olympischen Spiele in Ashgabat?
Die Häuser der Altstadt verschwinden nach und nach. Der Abriss ganzer Wohnviertel ist
zeitlich terminiert. Die Bewohner erhalten im Gegenzug eine Wohnung in einem weißen
Hochhaus, von denen es Tausende gibt und die das neue Stadtbild prägen. Fährt man tagsüber
durch, wirkt das Ganze wie eine Geisterstadt, man sieht niemanden auf der Straße.
Hier fehlt es an nichts, es gibt riesige Kaufhäuser westlicher Prägung und große Bazare. Die Bilder zeigen nur einen Auszug der Protzbauten, es gibt in Wirklichkeit noch viel mehr davon. zum Beispiel das Regierungsviertel mit dem goldenen Präsidentenpalast. Dort darf man allerdings nicht fotografieren und sich als Tourist gar nicht aufhalten. Es gibt ein sehr interessantes Teppichmuseum mit einem 300 qm großem Teppich, der lange Zeit im Guiness-Buch der Rekorde stand. Außerdem verfügt Ashgabat über den mit 130 m Höhe höchsten Fahnenmast der Welt. Die turmenische Nationalflagge, die daran hochgezogen wurde, wiegt allein 420 kg! Weitere Kuriositäten: es gibt ein eigenes Teppichministerium und ein weiteres Textilministerium.
Nachts sind in Ashgabat die Parkanlagen der Stadt taghell ausgeleuchtet. Wie gesagt, Ashgabat steht Las Vegas nichts nach. Das Ganze ist allerdings nicht lustig. Aufgrund der zahlreichen Verbote, der ständigen Polizeipräsenz, der nicht vorhandenen Pressefreiheit und der Überwachung jedes Schrittes, den man hier tut (ein Visum erhält man nur, wenn jede Übernachtung in einem staatlich anerkannten Hotel gebucht wurde und man einen Guide hat, der einem vom Grenzeintritt bis zur Ausreise begleitet) fällt einem auch der Vergleich mit einer anderen Stadt ein: Pjöngjang.
Es geht aber auch anders. Wir waren 10 km von Ashgabat entfernt in Nisa, einer ausgegrabenen, ehemaligen Stadt des Partherreichs - inzwischen Weltkulturerbe. Heute fahren wir weiter durch die Wüste Karakorum zu einem Feuerkrater, morgen dann nach Konya-Urgentch, ebenfalls einer historischen Stadt. Inzwischen sind wir bei 42 Grad Celsius angekommen (unser Opel hat keine Klimaanlage) - auf die weitere Steigerung sind wir gespannt. Zum Glück haben wir die ganz langen Überbrückungsfahrten hinter uns und können alles ruhiger angehen lassen.
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Leila (Montag, 23 September 2013 22:55)
Sehr exotisch, dieses Ashgabat!
Das BUCH könnt ihr mir übrigens mitbringen!
Wie klappt übrigens die sprachliche Verständigung!
Leila