Tage-, wochenlang in Booten den Amazonas entlang. Tausende km auf einem mehrere km breiten Fluss, links und rechts gesäumt von einem endlosen Regenwald, nur selten unterbrochen von Urwalddörfern oder gar Städten. Das Ganze in einer Hängematte liegend und gelegentlichem Aufstehen, um sich die Kulisse vom Deck anzuschauen oder wenn die
Klingel zum Essen läutet. Der Kontakt mit den Einheimischen - zuerst Peruaner, dann Brasilianer - ist im wahrsten Sinne hautnah. Es gibt nur wenige Touristen an Bord, doch die rücken zusammen.
Da ist zum Beispiel Martin aus Österreich. Er hat zusammen mit einem Belgier ein Floß gebaut und wollte damit ein großes Stück den Amazonas runter. Das Floß fing jedoch nach 2 Tagen an sich aufzulösen, außerdem hat der Belgier "wie ein Mädchen gepaddelt". Also ist er auch wie wir anderen im Grenzort Tabatinga an Bord gegangen für die 3-tägige Bootsreise nach Manaus. Da ist ein irisches Paar, das schon seit Oktober in Südamerika unterwegs ist. Oder der kolumbianische Fussball-Fan, der in voller Fanmontur und freudiger Erwartungen nach Brasilien fuhr, bis im Hafen von Manaus ein Pseudo-Taxifahrer seinen Rucksack mit Wertsachen und Pass gestohlen hat und er sich wieder auf dem Weg zurück machen kann.
Yurimaguas
Es ging los in der peruanischen Hafenstadt Yurimaguas. Dort verkaufte mir ein Agenturbetreiber eine besonders günstige Hängematte für nur 30 Soles (ca. 8 €), die woanders
überall 40 kosten sollte. Das stimmte sogar. Das jedoch eine Leine gerissen ist, die er wohl mit Klebstoff und einem Feuerzeug zu kitten versuchte, hat er dabei verschwiegen. Die peruanischen
Boote sind maroder als die brasilianischen, alles ist irgendwie schmuddeliger. Die Dörfer unterwegs erinnern an den Niger in Afrika. Die Reise habe ich Lagunas für die Regenwaldtour unterbrochen.
Anschließend bin ich mit dem Schnellboot weiter nach Iquitos.
Iquitos
Die peruanische Amazonasmetropole hat ca. 500.000 Einwohner und ist damit die weltweit
größte, nur auf dem Wasserweg (oder alternativ mit dem Flugzeug) zu erreichende Stadt. Sie könnte eine ziemlich relaxte Stadt sein, wären da nicht 30.000 dreirädige Mototaxis, die den Lärmpegel
an die Grenze des Erträglichen ansteigen lassen. Nennenswerte Sehenswürdigkeiten hat die Stadt nicht zu bieten. Reste des Hauses des Kautschukbarons
Fitzcarraldo sollen wohl noch irgendwo zu sehen sein. Die Reste des Wracks der Molly Aida (sowohl das Original von 1920 als auch das vom Spielfilm mit Klaus Kinski) befinden sich irgendwo im
Dschungel. Das Opernhaus im Spielfilm hat es dagegen nie gegeben.
Dreiländereck und Fahrt nach Manaus
Es ging weiter mit einem Speedboot zum Dreiländereck Peru - Kolumbien - Brasilien. Den Abend und die Nacht verbrachte ich in Leticia (Kolumbien). Dort wurde man nicht müde, mir zu erzählen, wie
gefährlich Tabatinga im besonderen und Brasilien im allgemeinen ist. Nichts-desto-trotz war ich am Morgen wieder in meiner Hängematte an Bord eines Schiffes nach Manaus. 3 Tage und 3 Nächte -
oder die Entdeckung der Langsamkeit. Das brasilianische Boot und die Urwalddörfer wirken aufgeräumter als in Peru. Ansonsten das gleiche Bild: km-breiter Amazonas umrandet von endlosen
Regenwälder. Gigantische Wassermassen werden von ihm transportiert. In seinem Mündungsbereich fließen 175 Millionen Liter Wasser pro Sekunde in den Atlantik. In einer halben Minute kann man damit
den Durst der Weltbevölkerung stillen. Inzwischen steht Martin auf um sich Wasser aus dem Tank zu holen. Vorher geht er noch kurz auf´s Klo und stellt deshalb seine Thermoskanne am Waschbecken
ab. Als er zurückkommt ist sie verschwunden. Alles hat ein Ende. Und so kommen wir nach 72 Stunden in Manaus an. Vorher erleben wir noch einen romantischen Sonnenaufgang.
Manaus
Auch Manaus hat nicht wirklich viel zu bieten. Die beiden Sehenswürdigkeiten sind das Teatro Amazonas und der gegenüberliegende Justizpalast, beides Bauten aus der Blütezeit des Kautschukbooms
zum Ende des 19. Jahrhunderts, die schon lange vorbei ist. Für mich ist die Stadt vor allem ein WM-Austragungsort, in der ich schon mal die Eintrittskarten für die Vorrunde ausdrucken konnte,
bevor die Massen nach Salvador kommen. Die Touristen landen fast alle im selben Hostal. Dort wird für den Kolumbianer gesammelt, damit er nach Hause fahren kann. Mich erwarten noch 2 Etappen à 2
Tage bis zur Atlantikküste. Übermorgen geht es weiter nach Santarem und nach Ankunft einen Tag später bis nach Belem.
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Leila (Montag, 02 Juni 2014 23:18)
Bin ich froh, dass du zum Schluss die Sammelaktion für den Kolumbianer erwähnst. Hoffentlich kommt was zusammen. So ein Pechvogel! Martin hat man wohl auch das T-Shirt geklaut? Und du pass auf, sonst ist noch die Hängematte weg!Wäre schade, denn es wirkt irgendwie gemütlich, das Leben in der Hängematte.
Das Opernhaus von Fitzcarraldo ist bestimmt irgend wo im Dschungel versteckt und du(!) wirst es entdecken, denn du scheinst erleuchtet zu sein(von wegen die Sonne im Gesicht, haha!)