Individuell unterwegs

3-wöchige Pauschalreise in die Karibik im 4-Sterne-Hotel "all-inclusive"? Das ist nicht wirklich was für mich! Nicht das ich diese Art von Urlaub verurteilen würde. Für gestresste Berufstätige, Familienväter und -mütter, die nicht mit ihren Kindern auf Trekkingtouren gehen können und alle, die keine Zeit oder Lust haben, einen Urlaub selbst zu planen und einfach schnell und bequem dort abhängen wollen, wo "es warm ist", ist das voll OK. Gebuchte Erlebnisreisen in der Sahara oder Hauser-Exkursionen? Wem das gefällt - warum nicht. Hat den Vorteil, das man sich um nichts kümmern muss und von der Erfahrung und Logistik eines (großen) Reiseveranstalters profitieren kann.

 

Ich organisiere meinen Urlaub lieber selbst - auch wenn ich es nicht schaffe, in der gleichen Zeit die Menge an Sehenswürdigkeiten "abzureißen", wie das mit einem Reiseveranstalter möglich wäre - was aber gar nicht mein Ziel ist. Der Vorteil ist jedoch, dass ich das Tempo selber bestimmen kann. Man kann selber entscheiden, wo man länger bleiben möchte und Dinge auslassen, die einem weniger interessieren. Dabei kommt es mir auf Erlebnisse in der Natur und manchmal auch auf Begegnungen mit fremden Kulturen an - möglichst fernab von jeglichen Massentourismus. Ich brauche es nicht, täglich mit 100 anderen auf dem Jakobsweg zu wandern, sondern suche mir vorzugsweise Ziele, wo ich (fast) alleine oder mit meinem Reisepartner/n unterwegs bin. Das führt dazu, dass meine Reiseziele häufig exotisch sind und von anderen als "B-Ziele" betrachtet werden.

 

Anstatt auf dem vielbegangenen Kungsleden in Lappland unterwegs zu sein mit Übernachtungs-möglichkeiten in betreuten Hütten mit Vollverpflegung, laufe ich z. B. lieber auf dem benachbarten Nordkalottleden, der sehr viel weniger begangen wird, man dafür sein komplettes Essen für 2 Wochen jedoch selbst mitbringen und schleppen muss und es auch nur Selbstversorgerhütten gibt und die sind auch nicht flächendeckend. Kochgeschirr, Zeltübernachtungen und so gut wie keine sanitären Anlagen gehören bei dieser Tour dazu. Dafür wird man damit belohnt, dass man die Natur für sich allein hat. Die Trekkingtour rund um den Annapurna oder zum Everest-Base-Camp führt an grandiosen 8000ern vorbei. Dort ist man jedoch alles andere als allein unterwegs. Es gibt jedoch auch tolle Touren im Himalaya, die "nur" an 6000ern oder 7000ern vorbeiführen, dafür aber mindestens genauso schön (und einsam) sind. Es muss nicht immer super spektakulär sein. Der Weg ist das Ziel.

 

Insgesamt kann man festhalten: je schwieriger die An- und Abreise in ein Gebiet, je schlechter die Infrastruktur (nur Zeltübernachtungen möglich, kaum ausgebaute Pfade, kaum sanitäre Anlagen), bei der man sein Proviant selber mitbringen und tragen muss, je mehr "Topsehenswürdigkeiten" in der Nähe, die von Reiseveranstaltern bedient werden und andere Touristen absorbieren, umso größer die Chance, das man nicht mit Massen unterwegs ist. Mein absoluter Geheimtipp: der "Susitaival" - der Wolfspfad in Finnisch-Karelien. Ein Waldwanderweg nahe der russischen Grenze, auf dem ich 2011 mit meiner Frau unterwegs war und dort über eine Woche niemanden begegnet sind! Es gab dort keine spektakulären Ausblicke, aber tolle Naturerlebnisse im Wald. Darüber hinaus gab es auf dem Pfad den Luxus, dass man häufig auf offene, leerstehende Hütten traf, denen sogar eine Toilette und eine Feuerstelle mit jeder Menge Brennholz angeschlossen war.

 

 

(Ultra) - Leicht - Unterwegs

Zwei Wochen durch Grönland wandern mit einem 25-30 kg schweren Rucksack auf dem Rücken? Derartiges habe ich früher häufig gemacht, weil ich dachte, es muss so sein, gehört dazu und geht nicht anders. Mittlerweile bin ich der Meinung, das diejenigen, die 20 kg und mehr dabei haben, etwas falsch machen. Da das die meisten sind, machen viele etwas falsch. Auch ich habe in dieser Hinsicht jahrelang vieles falsch gemacht.

 

Leichtes Gepäck bringt so unglaublich viele Vorteile: es entlastet die Gelenke. Der Blick fokussiert sich auf die Natur und die Landschaft und nicht auf seine Rücken- und Schulterbeschwerden während der Wanderung. Man kommt viel schneller voran, was den Erlebniswert steigert. Anstiege machen einem (fast) nichts mehr aus. Nach der Ankunft am Zeltplatz ist man nicht völlig fertig, sondern genießt den Abend.

 

Inzwischen bin ich auf mehrwöchigen Trekkingtouren, bei denen ich das komplette Proviant, Kochgeschirr, Zelt, Schlafsack, Isomatte... mitschleppen muss, mit max.  13 kg (Startgewicht) unterwegs. Am Ziel habe ich dann (nach dem Wegfall der Verpflegung) noch 7 kg.

 

Klingt unmöglich - ist es aber nicht. Die Ultra-Light-Bewegung kommt von den Weitwanderern aus den USA, die auf Fernwanderwegen wie den Appalachian-Trail oder den Pacific-Crest-Trial 3000 - 3500 km laufen und dabei mehr als ein halbes Jahr unterwegs sind. Sofern man nicht Herkules ist, ist es unmöglich, 25 kg ein halbes Jahr mit sich rumzuschleppen. Das hält man höchstens ein paar Wochen durch, bevor das Kreuz durchbricht. Es wurden viele Überlegungen angestellt, wie man das Gewicht radikal reduzieren kann. Hauptansatz sind dabei die "Big-Four" des Gepäcks, die vier Dinge, die am meisten wiegen: Rucksack, Schlafsack, Zelt, Isomatte. Hier lassen auf Anhieb etliche kg einsparen. Mein eigenes Beispiel:

 

 

 

Meine "Big-Four" 2007:

 

Meine "Big-Four" 2013:
Ausrüstungsgegenstand: Gewicht in gr.
Ausrüstungsgegenstand: Gewicht in gr.

Rucksack:

Deuter Air Contact 75 + 10

 3.200

Rucksack:

Gossamer Gear G4 (ca 60l)

mit Schaumstoffrückenpolster

   660
Schlafsack: "Ecuador" von Climb High mit Baumwoll-Inlet  2.410 Schlafsack: "Swallow" von Feathered Friends    980
Zelt: "Mountain Wing 1" von Mountain Hardwear mit Footprint  2.380

Zelt: "Power-Lizard-SUL 1-2P" von VAUDE

 

 1.028
Isomatte: alte Therm-a-Rest Matte XL  1.270

Isomatte: Neo-Air XLite regular von Therm-a-Rest

    350
gesamt:  9.260

gesamt:

 3.018

Big Four 2007
Big Four 2007
Big Four 2013
Big Four 2013

An diesem Beispiel lässt sich erkennen, wie schnell man 6 kg allein an den "Big Four" einsparen kann. Man muss dazu sagen, dass die schwere Ausrüstung zwischen 10 und 20 Jahre alt ist und mir gute Dienste geleistet hat. Ich nehme sie gerne noch auf Reisen mit, bei denen ich das Gepäck nicht selber tragen muss (Reisen mit PKW, Paddeltouren). Den alten Schlafsack habe ich beispielsweise auch in Sambia dabei.

 

Der Rucksack konnte deshalb so leicht gehalten werden, weil er auf ein Tragegestell verzichtet. Hier greift ein weiteres Prinzip der Ultra-Leicht-Philosophie: Multi-Use. Anstelle des Tragegestells wird in den Rückenbereich eine (Schaumstoff-)Isomatte gesteckt, die darüber hinaus als Sitzunterlage und als zusätzliche oder auch vollwertige Isomatte nachts im Zelt dient. Dafür ist im Rucksack ein extra Fach vorhanden Als Polsterung der Tragegurte können (frische) Wandersocken oder Handschuhe in dafür vorgesehene Fächer eingelegt werden.

 

Hat man auf diese Art erst einmal einige kg eingespart, setzt sich automatisch eine Gewichtsspirale nach unten in Gang: durch das leichtere Gepäck verbraucht man weniger Kalorien und muss weniger Lebensmittel mitschleppen. Oder bei gleichem Kalorienverbrauch kommt man wesentlich schneller voran und braucht deshalb für weniger Tage Essen mitzunehmen. Da es mir nicht darum geht, km abzureißen, trifft für mich ersteres zu. Durch das leichtere Grundgepäck müssen auch die anderen Gegenstände nicht so schwer sein: man braucht keine besonders stabilen (und schweren) Trekkingstöcke, die neben dem eigenen Gewicht auch das des Rucksacks abfangen. Auch bei den Wanderschuhen muss man nicht auf die stabilsten und schwersten zurückgreifen: aufgrund des leichten Gepäcks mache ich einen "Downgrade" meiner Wanderschuhe: z. B. verwende ich im alpinen Gelände nur noch leichte Mittelgebirgsschuhe. Eine Gewichteinsparung von 100 gr. bei den Wanderschuhen soll einer Gewichtseinsparung von 500 gr. im Rucksack entsprechen.

 

Auf dem UL-Markt finden sich besonders leichte Ausrüstungsgegenstände wie leichte Regenjacken; Kocher, die nur noch wenige Gramm wiegen; extrem leiche Funktionsbekleidung usw. Diese sind häufig nicht ganz billig und sprengen möglicher Weise den Etat. Noch besser ist es, sich auf das Wesentliche zu beschränken und unnötige Dinge zu Hause zu lassen. Hierbei denke ich an aufwendige elektronische Geräte wie GPS, Solarladegeräte u. ä. Auch seine Kleidung kann man radikal reduzieren, wenn man bereit ist, öfters mal zu waschen. Eines der überflüssigsten Gegenstände auf einer Trekkingtour ist die Ersatzhose. Am besten, man breitet  nach der Tour seine Ausrüstungsgegenstände noch einmal vor sich aus und stellt fest, was man nicht benutzt hat. Diese Dinge nimmt man beim nächsten Mal erst gar nicht mit. Bei den Dingen, die man nur selten verwendet hat, fragt man sich, ob es nicht auch ohne sie gegangen wäre.

 

Bei der Verpflegung ist es wichtig, auf flüssigkeitshaltige Lebensmittel (z. B. Raviolidosen) zu verzichten. Es gibt professionelle Trekkingnahrung in Form von Tütensuppen zu kaufen, denen das Wasser entzogen wurde und die mit heißen Wasser wieder aufgefüllt werden. Diese sind zwar nicht ganz billig, aber für mich alternativlos. Überhaupt ist Wasser sehr schwer. Wenn man abends mit 1,5 Liter Wasservorrat am Zeltplatz ankommt, hat man irgend etwas falsch gemacht. Ich habe nie mehr als einen Liter Wasser im Rucksack, selbst in sehr heißen Gegenden. I. d. R. kann man tagsüber Wasser auffüllen, sollte dies nicht möglich sein, trinke ich vor der Tour, während der Tour und direkt am Zielort einen Liter. Mehr als 3 Liter Wasser am Tag schaffe ich nicht, selbst in der Wüste (Ausnahme: extrem anstrengende Mountainbike-Touren im Hochsommer).

 

Auf diese Art und Weise lässt sich das Gewicht erheblich (um mehr als die Hälfte) reduzieren. Warum ist dann das Ultra-Light-Trekking nicht weiter verbreitet? Leider fehlt allgemein die Lobby hierfür. Das große Outdoor-Versandhaus mit seinen zahlreichen Filialen in Deutschland (welches meine ich wohl?) suggeriert einem, das nur schweres Equipment gutes Equipment ist. "Sie brauchen unbedingt ein sturmsicheres 4-Jahreszeitenzelt mit 10.000l Wassersäule, einen sturmsicheren Alleskocher, der Benzin, Gas, Diesel verbrennt, da sie am Zielort nicht sicher sein können, welcher Brennstoff verfügbar ist ... . Damit sie die 25 kg auch gut tragen können, brauchen Sie einen super stabilen Rucksack mit Tragegestell und schwere Wanderstiefel und schwere Trekkingstöcke, die Gewichte > 100kg abfangen".
In den Testurteilen der gängigen Outdoor-Magazine erzielen vor allem Produkte eine Spitzenplatzierung, die sehr schwer sind. Klar hat ein 3-Kilo-Rucksack und ein 3 kg Zelt hervorragende Eigenschaften, der Faktor Gewicht wird dabei allerdings gar nicht oder unterbewertet.

 

In Gesprächen oder auch in Internetforen gibt es immer wiederkehrende Kritikpunkte am UL-Trekking, auf die hier kurz eingegangen werden soll:

 

"Ultra-Light-Produkte sind viel zu teuer!"

Stimmt nur teilweise. Das Leichtgewichtszelt Power-Lizard von VAUDE ist in der Tat nicht billig. Es gibt aber günstige Alternativen: Anstatt eines Zeltes ein Tarp oder Tarptent mitzunehmen. Vorteil: Man hat super viel Platz darin. Mein Gossamer Gear 4 Rucksack ist wesentlich günstiger als ein 3 kg Markenrucksack mit Tragegestell. Leichte Wanderschuhe kosten weniger als schwere Bergstiefel. Die Kunst des UL-Trekking besteht weniger darin, auf superteure Hightech-Leichtgewichtsmaterialien auszuweichen, sondern mehr in der Kunst des gezielten Weglassens. Das leichteste und günstigste Gepäck ist das, was man gar nicht mitnimmt (und kauft).

 

"Ultra-Light-Ausrüstung taugt nichts, geht schnell kaputt und im Sturm fliegt sie einem um die Ohren!"

Ich kann da nur aus Erfahrung sprechen: Letztes Jahr in Lappland war ich sehr leicht unterwegs. Wir hatten zeitweise starken Wind bis Sturm, Schneefall und nachts Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes, so dass das Wasser in den Wasserflaschen gefroren war. Die Ausrüstung hat genau so gehalten wie die alte schwere früher. Natürlich muss man etwas bewußter mit den dünnen Materialien umgehen und sie nicht bedenkenlos durch Dornenbüsche ziehen. Zusätzlicher Vorteil von weniger Gepäck: man hat seine Sachen morgens wesentlich schneller gepackt und muss sie nicht so eng in den Rucksack stopfen.

 

"Es ist gefährlich und unverantwortlich, mit so wenig Gepäck im schweren Gelände unterwegs zu sein!"

Die mit Abstand größte Gefahr auf einer Trekkingtour sehe ich einem Sturz. Mit zunehmenden Gewicht steigt die Häufigkeit der Stürze, da man ein Stolpern nicht mehr so leicht ausgleichen kann und schneller und folgenreicher fällt. Ganz abgesehen davon, das schweres Gepäck eine enorme Belastung für den Rücken und die Gelenke ist und man viel leichter umknickt. Ich fühle mich mit leichtem Gepäck wesentlich sicherer als früher.

Reiseblog von Manfred Jansen

Dies ist der Reiseblog von Manfred Jansen. Von August 2013 bis Juli (?) 2014 befinde ich mich auf einer Weltreise. Diese führt mich zuerst nach Sambia (August), danach auf dem Landweg von Deutschland entlang der südlichen Seidenstraße über Zentralasien schließlich nach Indien und Nepal. Nach einem kurzen Weihnachtsurlaub zu Hause steht für das erste Halbjahr 2014 der südamerikanische Kontinent auf dem Programm.

 

Dieser Blog soll Verwandte, Freunde und Bekannte über den Verlauf meiner Reise und meinem aktuellen Standort informieren. Über Rückmeldungen würde ich mich freuen. Möglichkeiten der Kontaktaufnahme sind das Gästebuch und das Kontaktformular. Außerdem würde ich mich über Eure Kommentare freuen.

 

In diesem Sinne: Euch allen eine gute Zeit!

Manfred

 

http://individuell-unterwegs.de/rss/blog

Blogeinträge als RSS Feed abonnieren! (natürlich kostenlos).

Als dynamisches Lesezeichen / Favorit in Eurem Browser: orangenen Button anklicken.

Oder direkt in Eurem Email-Account integrieren! s. Blogeintrag vom 26.07.2013